Geschichte

Kurzchronik von Bargen

von Wolfgang Strauß

Bargen, seit 1975 Ortsteil der Gesamtgemeinde Helmstadt-Bargen, ist ein um 600 nach Christus gegründeter Ausbauort der fränkischen Konolisation. Der Zeitpunkt der Besiedelung des Wollenbachtals durch die Franken ist mit dem 1952 entdeckten Gräberfeld und seinen Grabbeigaben belegt.Die erste urkundliche Erwähnung finden wir jedoch erst 792 im Lorscher Codex. Urkunde 2447, Bayrisches Hauptstaatsarchiv HL Mainz 19, fol 154
Die Übersetzung der Urkunde vom 31.Dezember 792:
… ich Hermenher will eine gute Tat vollbringen. Sie ist dem Kloster Lorsch zugedacht. Ich schenke alles was ich in den genannten Gemarkungen … endlich in Bargen alles was ich dort an Hofreiten, Wiesen, Wäldern und Gewässern, besitze und 55 Leibeigene mit ihrem ganzen Eigentum.

Der Ortsname blieb seit der ersten urkundlichen Erwähnung unverändert. Vermutlich ist der Name dem althochdeutschen „parac“= Heuschober zuzuordnen. Am 3.1.1950 wurde vom Präsidenten des Landes Baden das Wappen, „ gespaltenes Schild vorne in Gold ein roter Heuschober, hinten in Rot ein Goldener Schlüssel“, verliehen.
Der Schlüssel (Petersschlüssel ) erinnert an die Zugehörigkeit zum Hochstift Worms.
Von 792 bis 1803 war das Kloster Lorsch bzw. der jeweilige Bischof des Bistums Worms Grundherr über Bargen. Sie besaßen ab 1416 allerdings nur noch die niedrige Gerichts-barkeit. Die Grundherrschaft ließ das Bistum Worms durch Ministeriale ausüben. (zunächst unfreie Beamte, dann entwickelte sich der niedrige Adel, die Edelknechte und Ritter). Die Edelknechte und Ritter von Ehrenberg (Burg Heinsheim) hatten Bargen von 1367 bis 1647 als Lehen.
Die weltlichen Hoheitsrechte d.h. die hohe Rechtssprechung über die Freien,das Steuerer-hebungsrecht und den Heerbann übten von 1416 bis 1803 die Kurfürsten bzw. Pfalzgrafen aus. Bargen befand sich bis zur Bildung der Markgrafschaft Baden im Jahre 1803 ständig im Spannungsfeld zwischen der Territorialherrschaft (Kurpfalz) und den Ortsherren (Bistum Worms).
Die Einwohnerzahl von Bargen kann bis zum Ende des 18.Jahrhunderts nur vermutet werden. Über die Zinsbüchern der Ehrenberger von 1580 können wir auf etwa 200 bis 300 Bargener schließen. In der geographisch-historischen Beschreibung der Kurfürstlichen Pfalz sind 1786 für Bargen 501 Einwohner genannt. Nachdem 1806 Baden zum Großherzogtum aufgestiegen war, wurden in einer Volkszählung 681 Bargener gezählt. (183 katholisch, lutherisch 489, reformiert 9). Einen vorläufigen Höchststand erreichte man 1852 mit 789 Einwohner.

Mit der Auswanderungswelle nach Amerika bis 1857 verlor Bargen über 60 Mitbürger. Nach dem zweiten Weltkrieg erreichte Bargen durch die Aufnahme von zeitweise um die 200 Heimatvertriebenen im Jahre 1950 eine Bevölkerungszahl von 820. Ein Jahr vor der Eingemeindung konnte 1973 die Grenze von 1000 durchbrochen werden. Heute hat der Ortsteil Bargen 1133 Einwohner.
Eine nennenswerte Entwicklung von Bargen, einem Bauerndorf im Kraichgau, begann vielleicht schon 1832. In diesem Jahr hat der Geometer Rhein in einem Situationsplan den heutigen Friedhof auf großherzoglichem Hofgut geplant und das gesamte Ortsbild dargestellt. Die Kartierung zeigt auch einen Friedhof (Kirchhof) um die heutige evangelische Kirche Simultankirche von 1699 bis 1904, d.h. gemeinschaftliche Kirche für beide Kofessionen . Der erste, bekannte Friedhof war wohl das fränkische Gräberfeld im Gewann „Unterm Löhl“, das beim Bau der heutigen Grundschule entdeckt worden ist.

Der Situationsplan enthält neben zahlreichen Brunnen, die Simultankirche, katholische Pfarrwohnung, die Herrschafts-Zehntscheuer, die Ölmühle, das Schafhaus, das Wachthaus, der Gailbach und viele Wassergräben. Das große, 1770 errichte und 1873 ersetzte, steinerne Kreuz am damaligen Ortsausgang nach Kälbertshausen mit eigener Geschichte. Lange vor, aber auch nach dem Bau der heutigen Schule war Bargen durch die Landwirtschaft geprägt. Zum Ortsbild gehörte 1930 neben der evangelischen Kirche, umrahmt mit riesigen Lindenbäumen, die alte Schule mit Schulbrunnen (heute Verwaltungsstelle), das Rathaus (heute Einkaufsladen) und natürlich ein Kuhgespann mit Leiterwagen.

In den fünfziger Jahren, mit Aufnahme der Heimatvertriebenen, war die Siedlungs-erweiterung unumgänglich. Entlang der heutigen Schulstraße wurden zunächst die Schule gebaut und weitere 24 Bauplätze zur Wohnbebauung geschaffen. Dies war die erste größere Erschließungsmaßnahme über den alten Ortsetter hinaus.

Bargen entwickelte sich von der Bauerngemeinde zur Wohngemeinde. Mit zunehmender Mobilität zu den Arbeitsplätzen in den Industrie- Gewerbebetriebe der näheren und weiteren Umgebung. Gab es 1946, vor den beiden Flurbereinigungsverfahren, noch 65 hauptberufliche Landwirte, so sind es heute nur noch drei Selbständige. Seit 1957 gibt es mit der Ansiedlung der Deutschen Metallfaserwerke auch in Bargen industrielle Arbeitsplätze. Die kommunale Infrastruktur prägte maßgeblich Bürgermeister Fritz Pipo, der 1954 erstmals zum Ortsoberhaupt gewählt wurde. Er verstand es, trotz auch damals knapper Finanzen einige öffentliche Einrichtungen zu schaffen, die über dem Durchschnitt im ländlichen Raum lagen. Er konnte den schon zu Amtszeiten seines Vorgängers Wilhelm Banspach auf den Weg gebrachte Neubau der Schule 1955 einweihen. Die Turnhalle mit Hallenbad 1967, der kommunale Kindergarten 1964, die Friedhofshalle 1971 und die kontinuierliche Erschließung der Baugebiete mit über 150 Bauplätzen gehören zur Bilanz des letzten Bürgermeisters von Bargen.

Die Aufgabe der bis 1974 fast 1200jährigen Selbstständigkeit von Bargen konnte nur per Landesgesetz erzwungen werden. Deutlich war das Bürgervotum bei der Anhörung am 20.1.1974. Über 493 stimmberechtigte Bargener waren für die Selbstständigkeit und nur 91 Stimmen gab es für die Großgemeinde Helmstadt-Bargen. Aber auch nach der freiwilligen „Zwangsehe“ mit Helmstadt , hat sich das örtliche, öffentliche Leben neuen, sich immer wieder verändernden Situationen gestellt. Der Ortsname Bargen blieb im Gemeindenamen erhalten. Bargen erhielt mit dem Einglieder-ungsvertrag einen sechsköpfigen Ortschaftsrat, der sich verstärkt um die Belange des Orts-teils kümmert. Die unechte Teilortswahl sichert Bargen vier Gemeinderäte im „Gemeind-parlament“ von insgesamt 14 Vertretern.

Das dörfliche Gemeinschaftsleben, wesentlich geprägt durch die örtlichen Vereine wie dem Männergesangverein „Eintracht Bargen“, der 1881 gegründet wurde und über 125 Jahre in Freud und Leid zum Lied bereit ist; dem katholischen Kirchenchor, der seit 1890 in seiner wechselhaften Geschichte sich vom Männerchor oder Frauenchor zum gemischten Chor entwickelte; dem Sportverein „ SV Fortuna Bargen“ der 1920 das Fußballspielen aus England importiert hat; der Freiwilligen Feuerwehr Bargen , die sich ebenfalls seit 1920 in ständiger Übungs und – Ausbildungsbereitschaft nicht nur dem Brandschutz bemüht; dem VDK-Ortsverein Bargen, der 1954 gegründet, heute steigende Mitgliederzahlen registriert, wenn es um soziale Belange geht; dem Obst- und Gartenbauverein Bargen, führt seit 1955 Schnittlehrgänge, Fachvorträge und Blumenschmuck-Wettbewerbe durch; die Freizeit-Damen-Gymnastikgruppe Bargen, die seit 1973 und seit 1990 erweitert durch eine zweite Gruppe, die „Froschhüpfer“ sportliche Freizeitgestaltungen durchführen; der Bürgerverein Bargen, von dem seit seiner Gründung 1982 verschiedene Aktivitäten ausgingen, wobei sich der Verein die Betreuung des 1986 eingerichteten Dorfmuseums als Hauptaufgabe gestellt hat; Der junge aber mittlerweile größte Verein ist der Carneval Club Bargen, der seit 1990 nicht nur in der Faschingszeit durch seine Veranstaltungen begeistert, sonder mit der Laientheatergruppe das dörfliche kulturelle Leben bereichert. Der jüngste Verein sind die Wollenbachmusen, die sich auch der musikalischen Talentföderung von Jugendlichen widmen

Ein Höhepunkt in der jüngeren Ortsgeschichte erlebten die Bargener natürlich mit der 1200-Jahr-Feier 1993. Ein Jubiläumsjahr, geprägt von vielen Veranstaltungen. Herausragend hierbei waren selbstverständlich die Festtage vom 24. bis 28. Juni 1993. Aber auch die Herausgabe des ersten, 340 Seiten starken Heimatbuches „In Barge wuhne die Arge“ , bei dem viele Bargener Autoren und Autorinnen eine bemerkenswerte Gemeinschaftsleistung von hohem orts- und heimatgeschichtlichen Wert erbracht haben. Diese Kurzchronik soll nur einen Einblick in die Bargener Geschichte geben. Dem heimatgeschichtlich interessierten Leser empfehlen wir das gelb-rote Buch „In Barge wuhne die Arge“